PRESSESPIEGEL
BONNER GENERALANZEIGER vom 16.01.2002
Autorin: Christina zu Mecklenburg, Seite 15 (Feuilleton)

MAX DIELS MEISTERHAFT GEMALTE THRILLER

GALERIE SCHNEIDER. Der Blick fällt auf ein Stück Wirklichkeit, haftet am Attribut einer Person, das wie ein Schlüsselmotiv einer mysteriösen Bildwelt anmutet: Aus dem massiven Faltengebirge des Anoraks ragt eine Landschaftsminiatur hervor; dort ist ein Schemel, da ein Handschuh oder Rettungsring der Blickfang. Und dennoch: Wahrnehmung und Bildergründung geraten angesichts der Ölgemälde von Max Diel unweigerlich ins Straucheln. Andererseits setzt deren suggestive Atmosphäre die Imaginationskraft in Gang, schürt eine Fülle von Spekulationen. Unter dem Deckmantel einer scheinbar weitgehend figurativen Darstellung tarnen sich Extremsituationen mit melodramatischem oder albtraumartigem Anstrich.

Ausschnitthaft präsentierte Episoden sind verknappt zu Schrecksekunden, die aus Psychothrillern oder Fantasy-Filmen herausgelöst sein könnten. Auf den Nesselwänden des in Berlin lebenden Freiburgers stauen sich existenzielle Nöte, emotions- und affektgeladene Zustände wie Gewalt, Ohnmacht, Wehrlosigkeit, Angst, Unsicherheit oder Verfolgungswahn.

Ursprünglich bezieht das von Michael Schneider entdeckte Jungtalent (Jahrgang 1971) die Anregungen aus Fotomaterialien, diese werden in jeder Hinsicht beschnitten. "Im Zwielicht", Motto der ersten Einzelschau des Meisterschülers (HDK Berlin), entfalten sich eine kontraststarke Lichtdramaturgie sowie ein spezielles koloristisches Klima. Diel geht es in erster Linie um jene brisante "Zwischenbalance", das Ineinandergreifen von figurativer und reiner Malerei. Der Maler verfügt über eine frappierend poetische, lebendige Formen- und Farbensprache. Wenn er seine Matrosen (Papierarbeiten/Collagen) auf See schickt, setzt er gleichzeitig eine malerische Odysee in den Farben Blau, Weiß und Grau in Bewegung.